Die Macht der Gefühle 1984,
BR Deutschland, 112 min.
„Die Macht der Gefühle“, weil: sie fehlen, weil zu viele davon da sind, weil sie anders sprechen als das Amtsgericht, weil kleingeschriebene Gefühle wie "Schrauben" sich anders verhalten als große Gefühle wie Mord, Eifersucht, Raublust, Verzweiflung, weil Gefühle Unglück anrichten, weil Gefühle von Haus aus nach Glück trachten. Vor allem geht es darum: wie organisieren sich die Gefühle? Es geht um eine Frau, die ihren Mann erschoss und dem Richter Rätsel aufgibt; und um junge Paare, die ihre Liebeserfahrung in klare Entschlüsse umsetzen wollen, was sich als schwierig erweist. Eine Heiratsvermittlerin – auch „Bindekünstlerin“ – versucht, in kaputten Beziehungen zu vermitteln, die Sie zuvor gestiftet hat. Im kriminellen Milieu werden zwei Menschen, die einander lieben, durch ein anderes Paar, das nach Diamanten hungrig ist, in einen Mordfall verstrickt. Als sie in ihrer Wohnung den Ermordeten sehen, glauben sie keinen Moment, dass sie sich vor der Justiz wirksam verteidigen könnten. Geschichten dieser Art bilden den Inhalt von Opern. Aber die Verkabelung ist durcheinandergeraten. Je konzentrierter die Emotionen, desto geringer die Chance für ein glückliches Ende.
Regie Alexander Kluge Drehbuch Alexander Kluge Darstellende Hannelore Hoger, Alexandra Kluge, Suzanne von Borsody, Barbara Auer, Edgar M. Böhlke, Klaus Wennemann, Erwin Scherschel, Suzanne von Borsody, Paulus Manker, Beate Holle, Uwe Carsten Koch, Daniel Lüönd, Ruth Wohlschlegel, Wilfried Elste, Carlos Krause, Friedrich Steinhauer, Willi Münch, Dunja Vejzovic, Anja Silja, Michael Gielen, Günther Reich Dramaturgie Klaus Zehelein Kamera Werner Lüring, Thomas Mauch Kameraassistenz Adam Olech, Hermann Fahr Ausstattung Carola Mai Schnitt Beate Mainka-Jellinghaus Schnitt- und Regieassistenz Carola Mai Ton Olaf Reinke, Walter Tietze Mischung Willi Schwadorf Sprecher Alexander Kluge Produzent Alexander Kluge Redaktion Willi Segler Produktionsleitung Daniel Zuta, Karin Petraschke Produktion Kairos-Film, München Dreharbeiten 15.05.1981-30.04.1983 in Frankfurt am Main, München u.a. Erstverleih Futura Film GmbH & Co. Produktions KG, München Uraufführung 16. September 1983 Format 35 mm, 1:1,37, Farbe und s/w, 112 min.
Ein Film über die Lust auf’s Unwahrscheinliche.
Sie lügen nie, sie irren nicht. Aber sie bringen alles durcheinander.
Wie kommen wir ohne zu lügen zu einem glücklichen Ende?
Jeder kennt Gefühle, keiner kennt alle.
- Die Macht der Gefühle - Werberatschlag 1983
Gefühle sind nicht zu verwechseln mit Sentimentalität. Sie sind sehr alt und mächtiger, als wir meinen. In jedem Fall älter als jede Kunst. Sie sind allerdings deren Subtext. Warum führen die Gefühle, die die Welt bewegen, am Ende zu soviel Unglück, wenn sie doch selber unerbittlich an einen glücklichen Ausgang glauben?
Es geht um eine gewisse Absichtslosigkeit, um ein beliebiges, aber (oder deshalb) jeweils stimmiges Dafürhalten. Es geht um einen glücklichen Ausgang der Gefühle. Und der ist (…), so absurd es klingt, verboten und unerwünscht. Dass die Gefühle sein dürfen, ohne jemals leiden zu müssen, dass sie klein sein dürfen, frech und nomadisch, jenseits jeder Vernunft und jeder Pflicht, das vermögen wir nur zu glauben, wenn wir an nichts mehr glauben.
- Michael Kötz 1984
Die Mehrzahl von Opern endet tragisch. Die Mehrzahl der Kinostücke sucht, selbst wenn die Geschichte tragisch endet, nach einer glücklichen Wendung. (…) Sie können überall Filme sehen, die anders sind als Die Macht der Gefühle.
- Alexander Kluge
Das Reale beschreibt Kluge als „Reale Fiktion“‘, ohne es dadurch zu unterschätzen, als eine Konstruktion von Angst und Hoffnung und Unsicherheit = eine Konstruktion allerdings, über deren Lächerlichkeit hinweg wir uns ständig mit ihr versöhnen müssen, zum Beispiel durch die Macht der Musik. (…) Diese Tröstungen werden im Bereich der künstlichen Sinnräume angeboten, in der Oper, die Kluge „das Kraftwerk der Gefühle“ nennt, heute vermutlich weniger als im Kino, dem modernen Gefühlskraftwerk.
-Gitte Wilczok, Zelluloid 1983